„Mensch sein!“ – Eine facettenreiche Exkursion des Q2-Zusatzkurses Geschichte im Rahmen des Festjahres „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“

17.11.2021


„Mensch sein!“ – Eine facettenreiche Exkursion des Q2-Zusatzkurses Geschichte im Rahmen des Festjahres „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“
Der Zusatzkurs Geschichte vor der Synagoge in Unna-Massen.

Ein strahlendes Lächeln lag auf ihrem Gesicht und ihre herzliche Geste schloss alle SchülerInnen des Zusatzkurses Geschichte der Q2 mit ein: „Mensch sein! Sich als Menschen wertschätzend begegnen – das ist das Wichtigste. Der Glaube, der folgt danach – wir sind eine liberale jüdische Gemeinde – und ich lebe meine Religion. Und ihr seid Christen oder Muslime oder habt andere Bezüge – aber wir sind alle Menschen! Und als diese sollten wir uns begegnen und begegnen wir uns hier!“ Bei diesen mit viel Wärme gesprochenen Worten der Gemeindevorsitzenden Alexandra Khariakova lag eine besondere Ruhe über allen ZuhörerInnen. Der Zusatzkurs Geschichte des Marie-Curie-Gymnasiums war an diesem Nachmittag zu Besuch in der Synagoge der jüdischen Gemeinde «haKochaw», genoss die wunderbar helle und freundliche Atmosphäre der Synagoge, die durch die Lichtreflexionen der Herbstsonne in den bunten Fenster und die kleinen Lämpchen, aus denen der Sternenhimmel vor dem Thora-Schrein besteht, besonders erleuchtet schien. Auf der kleinen Erhöhung vor dem Schrein stehend erläuterte Frau Khariakova jüdische Gebräuche und besonders den unmittelbar bevorstehenden Schabbat, der freitags nach Sonnenuntergang der wöchentliche Feiertag im Judentum ist. Sie stellte die Kultgegenstände für die verschiedenen Feste und Rituale vor, ließ zwei Schüler eine Anschauungs-Thorarolle aufrollen und zeigen, erzählte von persönlichen Erlebnissen und Begegnungen mit Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit und strahlte in allem die Zuversicht und Hoffnung aus, dass der Dialog der Religionen gelingen kann – „…und zwar sehr gut“, schmunzelte sie, als sie von ihren muslimischen Familienmitgliedern berichtete. Die zur bevorstehenden Schabbatfeier anwesende Gemeindekantorin hatte die herzliche Ansprache von Frau Khariakova mit einem besonderen Geschenk an die SchülerInnen eingeleitet: Sie sang auf berührende und intensive Weise hebräische Psalmen und Lieder und begleitete sich selbst bei mehreren Stücken auf dem Klavier – „Musik überwindet alle Grenzen und erfüllt jeden Menschen, auch wenn die Sprache fremd ist“, freute sich Frau Khariakova. Fragen an die SchülerInnen zu deren Kenntnisse um Gebräuche und Besonderheiten konnten diese wissend beantworten – waren sie doch in der ersten Tageshälfte im Jüdischen Museum für Westfalen in Dorsten gewesen. Bei einer Führung dort hatten sie einen ersten Einblick in jüdisches Leben und in die jüdische Religion gewonnen, aber auch in die von so schweren Brüchen gekennzeichnete jüdische Geschichte – der in der Menschheitsgeschichte in seinen unfassbaren Dimensionen singuläre Zivilisationsbruch im Dritten Reich – die Shoah – war und ist mit der deutschen Geschichte und der Beschäftigung mit deutscher und jüdischer Identität untrennbar verbunden. Der zunehmende Antisemitismus in Deutschland offenbart in erschreckendem Maße die Lebendigkeit von Hass und Exklusion und der sie befördernder geschlossener Weltbilder – Verschwörungstheorien sind alltäglich präsent. Mit diesen Gegenwartszuständen hatten sich die SchülerInnen im an die Führung anschließenden Workshop „Und wo steht Du?“ auseinandergesetzt. Ist das gegen den Staat Israel gerichtete Hasspiktogramm schon Antisemitismus? Wie reagiere ich darauf? Schaue ich weg oder melde ich die Schmierereien? Engagiert war über die verschiedenen Problemstellungen diskutiert worden, große Nachdenklichkeit und Aha-Momente inklusive. „Ihr seid die Generation, die sich für den Frieden und den Dialog zwischen den Religionen und Kulturen einsetzen muss – sonst verlieren die Menschen sich und es wird Krieg herrschen. Ich vertraue auf euch! Schalom!“, mit diesen ernsten und doch herzlichen Worten voller Zuvertrauen verabschiedete sich Alexandra Khariakova am vorgerückten Freitagnachmittag vom Zusatzkurs Geschichte. Mit all diesen Eindrücken und einer Fülle an Gedanken wird sich der Kurs dem nun eröffneten Projekt „Jüdisch hier“, initiiert vom LWL im Rahmen des Festjahres zu jüdischem Leben in Deutschland, widmen.

Hasan Güney und Emre Arici zeigen das Aufrollen einer Thorarolle.

Hasan Güney und Emre Arici zeigen das Aufrollen einer Thorarolle.

Homepage...Karte.1700 Jahre jüdisches Leben

Stand vom 17. November 2021, um 20:24 Uhr.