„Wir dürfen nicht vergessen oder einfach wegsehen!“ – Mit eindringlichen Worten eröffneten die Schülersprecherinnen Emma Schmidt und Darja Weizel die Gedenkveranstaltung anlässlich des am 27. Januar jährlich begangenen internationalen Holocaustgedenktages. Ernst und konzentriert verfolgten Schüler:innen der Jahrgangsstufen 10, Q1 und Q2 sowie Lehrer:innen und Gäste aus der Gemeinde Bönen die Eingangsrede der beiden Schülerinnen. Gemeinsam hoben sie die Bedeutung des Erinnerns hervor und forderten angesichts der jüngsten politischen wie gesellschaftlichen Entwicklungen deutlich das aktive Einstehen für demokratische Werte und ein Eintreten gegen Antisemitismus und Hass. Erik Schulze, Schüler der Q1, begleitete auf der Akustikgitarre gekonnt die Reden und Reflexionen der mitwirkenden Schüler:innen.
Jenny Bauschulte (ebenfalls aus der Q1) eröffnete mit dem bekannten Martin-Niemöller-Zitat ihre Gedanken und verwies darauf, dass bereits schon einmal in der Geschichte millionenfach weggeschaut worden war – mit den schlimmsten denkbaren Folgen: „Jeder konnte sehen, was geschah. Jeder hat es mitbekommen, wie Nachbarn verschleppt worden sind. Und die allermeisten haben geschwiegen und nichts getan. Durch Passivität und Schweigen haben sich die Menschen mitschuldig gemacht. Warum sollte man auch etwas sagen? – Es waren ja nur die Juden, es waren ja nur die Ausländer, es waren ja nur die Homosexuellen, es waren ja nur die Demokraten und Sozialisten, es waren ja nur körperlich oder geistig Behinderte – es waren ja nur… MENSCHEN… […]“
„Heute sind wir alle hier und jetzt eine bunte Schulgemeinde. Es kommt nicht auf unser Geschlecht, unsere Orientierung, unsere Nationalität, unsere Herkunft oder unseren Glauben an. Wir alle sind Menschen! Und wir alle haben Würde – weil wir Menschen sind. Das Nazi-Regime hat versucht, diese Würde vielen Menschen abzusprechen, sie vollständig zu vernichten. […] Diese Würde des Menschen, diese Würde, die wir alle haben, ist aktuell so deutlich bedroht, wie schon lange nicht mehr. Wollen wir wieder schweigen? Den Hass immer größer werden lassen? Die Gräben zwischen uns immer tiefer und die Mauern immer höher werden lassen? […] Wir stehen heute hier, um an den Holocaust zu erinnern und zeigen, dass wir heute und in der Zukunft gegen Hass und Diskriminierung sind. – „Nie wieder!“ ist JETZT!“ Mit lang anhaltendem Applaus reagierte das Publikum auf Jennys Appell.
Mit wunderbaren und berührenden Gedichtzeilen, vorgetragen in türkischer wie deutscher Sprache, beschlossen Sultan Bayram und Kadir Aydeniz den ersten Teil der Veranstaltung:
[…]
Hayat, renklerimiz olmadan nasıl olurdu? – Gri…
Wie wäre das Leben ohne unsere Farben? – Grau…
Hayat, çeşitliliğimiz olmadan nasıl olurdu? – Monoton…
Wie wäre das Leben ohne unsere Vielfalt? – Eintönig…
[…]
Ve hayat, hatırlamadan nasıl olurdu? – Yarını olmayan…
Und wie wäre das Leben ohne das Erinnern? – Ohne ein Morgen…
Mit einem herzlichen Dankeschön an die Zuhörer:innen übergaben sie das Wort an Daniel Huhn.
Der Autor, Historiker und Filmemacher las als von der Fachschaft Geschichte geladener Gast aus seinem Buch „Rückeroberung: Die Geschichte von Manfred Gans, der im Mai 1945 Deutschland durchquerte, um seine Eltern aus dem KZ zu befreien“. Intensiv und berührend ist die Biografie des Martin Gans, der als jüdischer Teenager aus Borken im Münsterland nach Großbritannien gelangte, als britischer Soldat in geheimer Mission den D-Day und die folgenden Schlachten des Zweiten Weltkriegs an der Westfront erlebte und schließlich das zerstörte Deutschland als Angehöriger der Besatzungsmacht wieder betrat – und angetrieben von der Hoffnung und dem einen Wunsch, seine Eltern wiederzusehen, keine Gefahren und Mühen scheute, um diese zu suchen und in Theresienstadt als Überlebende wiederzufinden. Ergänzend zu den Leseabschnitten aus seinem Buch erzählte Daniel Huhn, unterlegt von einer Bilderpräsentation, von seiner Recherche, von all den persönlichen Briefen, die ihm als Autor als Quellengrundlage gedient haben und auch von dem großen Glück, Martin Gans persönlich vor seinem Tod kennengelernt haben zu dürfen. Das emotionale Wiedersehen von Sohn und Eltern und das Wiederfinden einer großen Liebe beschlossen den eindringlichen Vortrag des Autors.
Unser herzlicher Dank gilt Daniel Huhn als Gast an diesem Tag; ebenso sagen wir von Herzen „Dankeschön“ an die mitwirkenden und die Veranstaltung mittragenden Schüler:innen der SV und aus der Schülerschaft. Auch dem Arbeitskreis Erinnerungskultur gilt unser großer Dank für all seine Unterstützung bei der Erinnerungsarbeit.
DANKE!
>>“Nie wieder!“ ist JETZT! Wir erinnern!<<