Hallo, ich bin es wieder – Jenny!
Ihr erinnert euch vielleicht, dass ich Ende Februar schon mal berichtet habe. Das war kurz vor meiner Abreise zu meinem dreimonatigen Aufenthalt in Billy-Montigny.
Mittlerweile lebe ich seit einem Monat und 2 Wochen in Frankreich.
Am 28.02.2022 bin ich mit meiner Familie nach Billy-Montigny gefahren, wo meine Gastfamilie uns bei meiner Ankunft herzlich mit einem Frühstück begrüßt hat. Danach sind wir alle zusammen zu meiner jetzigen Schule gelaufen, damit ich mich mit dem Schulweg vertraut machen konnte. Anschließend hieß es, auszupacken, miteinander zu reden oder auch schlicht auszuruhen. Abends sind wir alle zusammen zu einem Restaurant gefahren, bevor meine Familie am nächsten Morgen wieder nach Hause aufgebrochen ist. Um nicht an meine Familie zu denken, sind wir an diesem Tag zum Bowlen gefahren und zum Einkaufen gegangen, da die Geschäfte hier jeden Tag offen sind.
Am Montagmorgen, meinem ersten Schultag, bin ich mit meiner Gastmutter und meiner Austauschpartnerin zum Schuldirektor gegangen und wir haben meinen Stundenplan und andere organisatorische Sachen geklärt. Aber nach ungefähr einer halben Stunde war ich auf mich alleine gestellt, da meine Austauschpartnerin auf das Lycée geht und die jüngeren Geschwister noch nicht zum Collège. Glücklicherweise habe ich einen Paten in meiner neuen Klasse bekommen, der mir den Alltag erklärte und die Kantine gezeigt hat. Und ich habe eine Mitschülerin kennengelernt, die total gut Englisch sprechen kann, sodass ich mich gut zurechtgefunden habe. Als letzte Stunde hatte ich Deutsch und war froh, dass ich mal etwas vom Unterricht verstanden habe. Außerdem waren meine MitschülerInnen alle total nett und haben versucht, sich mit mir zu unterhalten. Zwar haben sie Sätze in einer Mischung aus Deutsch, Französisch und Englisch gebildet, aber ich habe sie manchmal doch verstanden. Diese Erfahrung hat den Tag unvergesslich gemacht.
Die erste Woche verging relativ schnell, da die Schultage mal bis 15:30 Uhr gehen oder mal bis 17:30 Uhr. Aber daran habe ich mich schnell gewöhnt. Mittwochs habe ich immer nur bis 12.00 Uhr Schule. An französischen Schulen gibt es keinen Vertretungsunterricht, also hätte ich wegen Stundenentfall auch sonst schon mal zwischendurch nach Hause gekonnt, wenn ich nicht mindestens 30 Minuten zu Fuß bräuchte. Die erste Woche ging zwar schnell rum, aber ich habe kein Wort verstanden, was die Lehrer und Lehrerinnen gesagt haben. Sie haben für mich so schnell gesprochen und ich wusste nicht, wann das eine Wort aufhört und das andere anfängt. Dennoch habe ich alle Arbeiten und Tests mitgeschrieben und das auf Französisch. Die Lehrer korrigieren meine Arbeitsblätter auch und benoten sie, aber die Ergebnisse haben keine Auswirkungen auf meine Noten in Deutschland. Mittlerweile spreche ich den ganzen Tag Französisch und alle sagen, dass ich mich auch verbessert habe, also meine Aussprache und den Satzbau.
Ich habe auch herausgefunden, dass das Notensystem in Frankreich anders ist als in Deutschland. Hier wird nur in Punkten gewertet und das von 20 bis 0. Also z.B. 18 von 20 oder so. 20 ist dabei die beste Note.
Die Klassen und das Schulsystem insgesamt sind auch anders. Man geht, wenn man drei Jahre alt ist, in eine sogenannte Maternelle. Das ist so etwas wie ein Kindergarten, aber anders als bei uns ist der Besuch der Maternelle verpflichtend. Wenn man sechs Jahre alt ist, geht man zur Ecole primaire, und zwar für fünf Jahre. Danach besucht man vier Jahre lang das Collège und danach geht man für drei Jahre auf das Lycée. Eine weitere Sache ist, dass man nicht zählt, wie lange man schon in die Schule geht, sondern wie lange man noch geht. Also, in Deutschland gehe ich in die 9a, aber hier bin ich in der 3ème 2. Ich habe jetzt erst einmal zwei Wochen Ferien und fahre in der zweiten Ferienwoche für eine Woche auch nach Deutschland, und zwar mit meiner Austauschpartnerin und ihrer Schwester. Ich weiß noch nicht, was ich in dieser Zeit mache, aber hier habe ich zunächst französische Hausaufgaben zu machen, da man hier auch Aufgaben für die zwei Wochen Ferien bekommt. Ich bin total froh, dass ich hierher kommen konnte, und ich bin allen Leuten dankbar, die mich auf meinem Weg bis hier gebracht haben.
Wenn ich in Deutschland bin, werde ich bis zu den Sommerferien nur noch fünf Wochen Schule haben. Ich weiß nicht so recht, ob ich mich darauf freuen soll oder nicht. Wenn ich nämlich wieder in Deutschland bin, muss ich versuchen, so viel wie möglich von dem nachzuholen, was ich in den drei Monaten, die ich in Frankreich gewesen bin, verpasst habe. Und ich muss dann auch Arbeiten schreiben, also zumindest in den Hauptfächern. Ich freue mich dennoch auf meine Familie und Freunde. Sie alle wiederzusehen und mal Deutsch zu reden, ist auch mal etwas Schönes, da es total anstrengend ist, hier alles zu verstehen und im Kopf zu übersetzen. Das Hin- und Herschalten zwischen den Sprachen ergibt öfters mal ein ganz schönes Wörterchaos im Kopf. Spannend ist es, wenn ich auch noch Englisch und Deutsch an einem Tag habe. Dann muss ich immer wieder zwischen allen Sprachen umschalten – da ist es manchmal ganz witzig Französisch im Englischunterricht zu reden, aber ich bin nicht die einzige mit dem Problem des „Umswitchens“, denn meine Mitschülerinnen und Mitschüler haben auch damit zu kämpfen. Also kann man zusammen lachen.
Und diese Erinnerungen kann mir niemand mehr nehmen. Ich muss mich danach zwar ein bisschen reinhängen, wenn ich wieder am MCG bin, aber ich habe Erinnerungen und Freunde, die ich nie vergessen werde und die man mir auch nicht ersetzen kann.
Liebe Grüße aus Frankreich!
Jenny